Ultranova

Date October 23, 2005 | Map

Mein zweiter Film beim diesjährigen London Film Festival war Ultranova, gezeigt im Institute of Contemporary Arts, und der Regisseur höchstpersönlich war anwesend, um anschließend ein paar Fragen zu beantworten.

Ein verstörender Film. Die Langeweile, die sämtliche Charaktere zu dominieren scheint, ist förmlich fassbar. Die Bilder sind in kalten Farben gehalten, alle Charaktere scheinen einen gehörigen Schuss zu haben und die Umgebung, in der der Plot spielt, ist trostlos. Wie die Menschen hier zurecht kommen, oder eben auch nicht, ist das Thema des Films.

Ultranova Ticket

Die Menschen im Film und die Ereignisse sind dermaßen langweilig und lebensfremd, dass es Spannung erzeugt. Als Zuschauer möchte man die Figuren gerne aus ihrer Lethargie herauszerren oder ihnen zumindest ein paar Worte zurufen, damit sie wenigstens etwas Regung zeigen, wenigstens etwas aus sich heraus kommen. Unglaublich, solch eine Tristesse zu verfilmen!

Dennoch sind die Charaktere so schräg und anti-heldenhaft veranlagt, dass sie einen fantastischen Gegenpol bilden, um die eigenen Unzulänglichkeiten in ein besseres Licht zu rücken. Nein, so aussichtslos wie den Menschen im Film geht’s mir nicht. Also, nicht immer. Nun, manchmal nicht. Äh, wie ähnlich bin ich eigentlich Dimitri, dem Hauptcharakter? Und so hält dieser Film den Zuschauer mit der Zeit einen eigenartigen Spiegel vor.

Ultranova ist sicherlich nicht ohne Längen. Aber genau das ist der Punkt: Wie sonst soll man Langeweile darstellen, wenn nicht durch langweilige Sequenzen? Und hierdurch verkörpert der Film die komplette Tragik des Lebens. Allerdings nicht ohne Lacher – ganz im Gegenteil, Skurriles und Absurdes bleibt nicht aus, lenkt sogar manchmal das Schicksal, scheint Abwechslung zu bringen, die nicht immer willkommen ist und letztlich auch von der anhaltenden Tristesse und Langeweile aufgesogen wird.

Das Fazit des Films: Es war total langweilig – und das ist ein großes Kompliment. Noch nie war Langeweile so spannend, so absurd lustig, und selten hat eine solche Langeweile so provokant zum Nachdenken angeregt. Nein, mit den Charakteren habe ich nichts gemeinsam. Moment, es sollte eher heißen: Ich hätte gerne mit ihnen nichts gemeinsam. Diese Behauptung jedoch wird sich wohl nicht aufrecht erhalten lassen.

Die offene Fragerunde im Anschluss des Films war auch sehr witzig: Der belgische Regisseur Bouli Lanners war ganz locker und antwortete auf eine Frage, warum er eine bestimmte Symbolik benutzte, einfach mit: Je ne sais pas! Auch wenn er sich viel bei dem Film gedacht hat, das Publikum denkt weiter, weiter noch als der Autor. Dass das möglich ist, ist auch ein schönes Lob für den Film!

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