Out of the Blue

Date June 24, 2007 | Map

Der Millennium Dome. Ab heute offiziell nicht mehr. Denn ab heute greift das Rebranding und der große, weiße Elefant heißt jetzt (ok, eigentlich schon seit 2005) The O2. Offizielle Eröffnung am 24. Juni 2007 abends durch Bon Jovi, der sein erstes Hallenkonzert im Königreich seit 15 Jahren geben sollte.

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Bei der offiziellen Eröffnung war ich aber gar nicht, nein, ich gesellte mich zu den Massen, die bereits am Nachmittag mit als erste Öffentlichkeit überhaupt unter das gigantische Zeltdach schauen durften. Pre-Eröffnungs-Eröffnung, sozusagen, nach einem Vortags-Privatkonzert für Anwohner, für das ich leider kein Ticket gewann. Dem Greenwich and Docklands International Festival sei aber Dank, denn im Rahmen dieses wunderbaren Festivals fand im The O2 ein ganzes Bündel an Performances statt, die die neue Venue beeindruckend in Szene setzen…wie das Video weiter unten im Text zeigt.

Aber zunächst zum Dome, der fortan leider nicht mehr so heißt: Mit 320m Durchmesser und 52m Höhe ist das Ding genauso hoch wie Nelson auf dem Trafalgar Square und die weltgrößte Dach- und Gebäudestruktur seiner Art. Das Zeltdach wird getragen von zwölf 100m-hohen Stahlpfeilern – einer pro Monat bzw. pro Stunde auf dem Ziffernblatt, um die Verbindung zur Greenwich Mean Time herzustellen, schließlich kreuzt der Meridian den Dome. Das Zeltdach ist nicht durchgängig; in der südwestlichen Ecke klafft ein großes, kreisrundes Loch für einen Entlüftungsschacht des Blackwall-Tunnels, dessen Oströhre dummerweise genau untendrunter durchführt.

Die vom Dach eingeschlossene Fläche ist riesig und so ohne weiteres erst einmal nicht greifbar. Zudem wird die Fläche momentan noch nicht einmal komplett genutzt, beherbergt aber trotzdem eine Konzerthalle für 23.000 Besucher inklusive eigener Infrastruktur wie Essbuden, Toiletten und Aufenthaltsbereiche, eine “kleine” Konzerthalle für 2.350 Besucher, ein Multiplexkino mit 11 Leinwänden, inklusive der mit 22 Metern angeblich londongrößten (sieht man vom IMAX ab), eine über 500 Quadratmeter große Galerie für Ausstellungen, eine offene, 3.500 Quadratmeter große Veranstaltungsfläche direkt unter dem Zeltdach, ein Nightclub für 2.600 Besucher (ok, erst ab 2009) und ein kompletter Straßenzug mit mehrstöckigen Gebäuden, die etliche Restaurants und ein paar Shops beherbergen. Und dazu noch ungenutzte Fläche, etwa ein Drittel der Gesamtfläche, die nach dem Willen der Betreiber mal ein Supercasino werden soll. Nicht von schlechten Eltern.

Und das Festival? Zum Glück nicht ganz so gigantomanisch, sondern viele kleine Veranstaltung, die überall parallel liefen. Das war auch gut so, denn es war dermaßen voll, dass die Menschenmassen unbedingt verteilt werden mussten. Die Ordner mussten zwischendurch die Entertainment Avenue zur Einbahnstraße erklären und den Fußverkehr wechselweise entweder in die eine oder die andere Richtung drängen.

Etliche Klein- und Nichtmehrsokleinkünstler sorgten für spannende Unterhaltung:

  • Cirque Bijou bot wieder extravagant gekleidete Stelzenläufer,
  • die Natural Theatre Company war – passend zum Thema – völlig blau (im Wortsinn, es war ja schließlich eine Familienveranstaltung),
  • Ziya Azazi machte den wirbelnden Derwisch,
  • Aeroplume schwebte völlig beeindruckend still über den Köpfen der Zuschauer (siehe Video),
  • Acrojou romantisierten mit dem Rhönrad, das auf englisch witzigerweise German Wheel heißt,
  • das Wired Aerial Theatre setzte dank Bungee-Seilen die Schwerkraft dramatisch außer Gefecht,
  • die Australier Chrome unterhielten als The Bulls das Publikum mit Absurditäten,
  • Osadia verpassten mutigen Passanten ultravagante Frisuren,
  • Bedlam Oz metallwurmten sich eine Kennenlerngeschichte zusammen und
  • die mir mittlerweile bekannten Strange Fuit führten ihre wohl beste Show The Field auf.

Ach, das war ja noch gar nicht alles, aber das, was wir uns anschauten bzw. anschauen konnten; der ebenfalls nicht komplette Ablaufplan ist auf der letzten Seite der GDIF 2007 Broschüre (PDF) abgedruckt. Über jede dieser Aufführungen und Performer könnte man locker eigene Artikel verfassen, umso mehr bin ich den Förderinstitutionen wie dem Arts Council oder der EU dankbar, dass sie solch kreative und inspirierende Künstler unterstützen. Hier erlebt man Visionen, erfährt Detailaspekte und die komplette Bandbreite des Lebens aus anderen Blickwinkeln und wird eingefangen von völlig unterschiedlichen, bewegenden Botschaften. Und so ganz nebenbei wird man auch noch exquisit unterhalten. Ein Event genau nach meinem Geschmack – das hinterlässt auf ewig eingebrannte Erinnerungen der besten Art. Danke, GDIF.

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