Greenwich Riverside Walk

Date June 30, 2007 | Map

Die Gegend zwischen Greenwich Village und der North Greenwich Station ist garantiert kein Touristen-Anziehungspunkt. Der Weg über das Landesinnere ist langweilig, und der Weg am Fluss sieht auch nicht sehr ansehnlich aus: Die Docks, die hier einmal waren, liegen zum Großteil immer noch brach, und was nicht brach liegt, wird industriell genutzt. Faszinierend, so nah am UNESCO-Weltkulturerbe eine rauhe Industriegegend zu haben. Und mitten durch, fast immer am Fluss entlang, führt der Greenwich Riverside Walk, ein Abschnitt des Thames Path.

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Industrieromantik kann schön sein, daher nahm ich die Gelegenheit wahr, zu einer Verabredung im The O2 zu Fuß zu gehen, anstatt wie üblich den 188er Bus zu nehmen. Allerdings nicht ohne mich vorher zu erkundigen. Ok, ich bin über die Vergangenheit der Greenwich Riverside schon vor Monaten gestolpert und musste daher nur etwas auffrischen. Der Weg war dann aber so interessant, dass ich hinterher noch nachlesen musste, wo ich denn überall vorbeigelaufen war und vor allem was für eine Geschichte hinter den Orten steckte.

Eine extrem gute Informationsressource ist die Greenwich Industrial History Society, die seit 1998 die Geschichte dieser ungemein interessanten Gegend zusammenträgt und gut verdaulich zugänglich macht. Zumindest so verdaulich, dass mein Spaziergang eine kleine, kurze, industrieromantische Reise in die Vergangenheit wurde.

Mein Spaziergang folgte einer Wegbeschreibung der Society. Richtig los ging es für mich ab der Greenwich Power Station, die tatsächlich und zur Überraschung vieler auch heute noch genutzt wird, um Strom für die London Underground in Spitzenbelastungszeiten zu erzeugen. Was von London Underground an Strom nicht genutzt wird, geht ins National Grid. Kohle wird allerdings nicht mehr verfeuert: Gas hat die Aufgabe übernommen, deswegen ist das eindrucksvolle Pier, über das Kohle an- und Asche abtransportiert wurde, langsam am verrotten. Weiterhin stehen große Teile des Gebäudes leer, und es gibt einige Überlegungen, diverse Museen hier anzusiedeln.

Vorbei an ex-industriellem Brachland kam ich an der letzten noch aktiven Reparaturwerft mit Greenwichs ebenfalls letztem noch benutzten Trockendock vorbei: Piper’s Wharf/Badcock’s Wharf. Der überwiegende Teil der Touristen- und Sightseeingfähren wird hier immer noch repariert, und viele Themse-Piere stammen ebenfalls von hier. Betrieben werden die drei Docks von Thames Craft Dry Docking Services, die in ihrem Standort Erweiterungspotential sehen. Sehe ich auch so, denn links und rechts davon steht alles leer, zum Schreibzeitpunkt wurde das Unternehmen allerdings bereits nach Bay Wharf deutlich weiter flussabwärts umgesiedelt, um hier Platz für 600 Wohnungen zu schaffen, deren Bau auch zwei Jahre nach meinem Spaziergang noch nicht begonnen wurde.

Ein Stück weiter tauchte die nächste bedeutsame Firma auf: Um Enderby’s Wharf herum befindet sich die Firma Alcatel, bzw. deren Zweig Submarine Networks. Hier wurden tatsächlich die allerersten und auch folgende transatlantischen Kommunikationskabel hergestellt, bzw. Teile davon, sowohl Kupfer als später auch Glasfaser. Dieser Ort trug, auch wenn die Firma damals noch anders hieß, erheblich zur Entwicklung des Internets bei!

Anschließend, lief ich, nicht zu verfehlen, an der Zucker- und Glukosefabrik vorbei mit ihren riesigen Silos. In diesen wurde angeblich bis vor wenigen Jahren Mais gelagert, jedoch sind zumindest die Silos am Fluss heute leer. Die Fabrik läuft aber noch rund; es handelt sich um Amylum, die sich im Besitz von Tate & Lyle befinden. Im Gegensatz zu deren Produktionsbetrieb nördlich der Themse beim London City Airport ist hier interessanterweise absolut nichts von irgendwelchen Firmenlogos zu sehen.

Hinter der Zuckerfabrik gibt es noch ein Pier, das für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Hier stehen auch informative Tafeln über die Geschichte dieses Gebiets, erstellt natürlich von der oben erwähnten Greenwich Industrial History Society. Schade nur, dass die Tafeln anscheinend ein beliebtes Graffitiziel sind.

Dann biegt der Weg auf einmal ins Landesinnere, und bis zum Dome ging ich dann nicht mehr zurück ans Wasser. Dafür führte mein Weg am Blackwall-Tunnelportal vorbei, und letztendlich kam ich direkt am offensichtlichsten aller Blackwall-Tunnel-Entlüftungsschächte heraus, nämlich der Schacht, der für das riesige Loch im Zeltdach des Millennium Domes sorgt.

Und dann war ich auch schon am Treffpunkt im Dome. Zu früh, denn der ganze Spaziergang ging irre schnell vorbei – inklusive Fotostopps weniger als 45 Minuten. Mit dem Bus geht es dank Dauerstau auch nicht viel schneller.

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