Drako, die Drachenstory

Date July 23, 2005 | Map

Ein Drache erwacht, spuckt Feuer, flirtet ein wenig mit einer verängstigten Jungfrau und wird schließlich von einem vom Säufer zum Ritter mutierten Edelheld erlegt. Und das alles in Woolwich; live, zum anfassen und in Farbe.

[thumb:356:l]Wieder ein Event des Greenwich and Docklands International Festivals, das Fantasie anregt und Faszination bewirkt. Die spanische Kompagnie Sarruga leistete ganze Arbeit und kreierte einen haushohen Metalldrachen, der von einem mehr als zehnköpfigen Team gesteuert wurde, dafür dann aber vollbeweglich war, echtes Feuer spuckte und auch gehörig sabberte. Dummerweise verlor er kurzzeitig auf dem Weg zur Jungfrau seinen Kopf…was dem Publikum sehr leid tat, aber keine größere Störung zur Folge hatte.

Royal Arsenal mit dem Firepower-Museum bietet das ideale Gelände für diese Aufführung, gibt es doch eine breite, moderne Paradenstraße ausgehend von der Themse. Dort, nahe der Themse, schlief der rötlich schimmernde Metalldrachen noch friedlich, und man konnte nicht so recht ahnen, was hier passieren sollte. Bis der Drache aufwachte, erweckt vom in weiße Schutzanzüge gekleideten Drachenteam. Mehrere Menschen saßen im Drachenkörper, noch viel mehr rannten um das auf einem Gabelstapler basierende Metallgerüst herum, um die Illusion vollkommen flexibler Bewegungen dieser Maschine herzuzaubern. Und das gelang vorzüglich!

Unterstützt von einem vorausfahrenden Licht- und Sound-Fahrzeug wurde der Drache in Szene gesetzt, und das Publikum hatte Spaß am Soundtrack. Dass der Kopf plötzlich zwei Meter absackte und nur noch an Kabeln und Schläuchen hing, sorgte allenfalls für eine kurze Verzögerung. Für etwas mehr Verärgerung sorgte ein ziemlich besoffener Typ, der mit Bierdose in der Hand plötzlich zwischen den Drachenbeinen herlief und sich wohl superlustig dabei fand. Irgendwann nach viel zu langer Zeit sind die Security-Leute dazwischengegangen, haben ein Wörtchen mit ihm geredet, und fortan hielt er sich etwas zurück – aber nicht komplett.

Auch eine andere komische Gestalt lief dort herum: Eine heruntergekommene Frau, aber die gehörte offensichtlich zur Story, denn der rannte der Drachen letztendlich hinterher. Die Obdachlose metamorphierte später zu einer Jungfrau in weißem Gewand, die dem feuerspeienden Drachen geopfert werden sollte. Gefesselt und festgezurrt sollte sie wohl vom Drachen gefressen werden, aber gerade als die Frau jeglichen Widerstand aufgab, entdeckte der Drako seine romantische Seite. Zögernd und bestialischen Mundgeruch überwindend gab es eine herzerweichende Annährerung zwischen Frau und Drachen – lustig und schön, fand auch das Publikum, das begeisterten Beifall spendete!

Es hätte hier schon ein seltsames Happy End geben können, aber plötzlich näherte sich eine Don-Quixote-ähnliche Gestalt, ein Ritter der gegen den Drachen anritt, um ihm die Frau zu entreißen. Zur übergroßen Überraschung war der Ritter niemand anderes als der vorhin so penetrant die Aufführung störende Besoffene! Was für ein Twist in der Geschichte…

Der Ritter rammte im Blitzgewitter seine Lanze in die Seite des gar nicht amüsierten, Feuerfontänen in den Nachthimmel ausstoßenden Drachen, der daraufhin in großem Feuerwerk explodierte. Und hier gab es das echte Happy End zwischen der Frau und dem Ritter, aber nicht für den Drachen…der arme. Man hatte ihn echt lieb geworden in den anderthalb Stunden. Großes Kompliment an Sarruga, die mit hohem mechanischen, technischen, logistischen und künstlerischen Aufwand eine spannende Geschichte in den tiefen Südosten Londons brachten. Das GDIF-Festival ist schon Wahnsinn.

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