Optronica 2007

Date March 16, 2007 | Map

Optronica, ein Visual Music Festival, aha. Normalerweise höre ich ja Musik, anstatt sie zu sehen, daher klang das doch ganz interessant, diese Verbindung von Video bzw. computer- oder anders generierten Visuals und ebenso generierter Musik. Das gesamte Festival war eine fünftägige Angelegenheit im BFI Southbank, BFI IMAX und ICA mit einer VJ-Performance von und mit Peter Greenaway als Höhepunkt, ich allerdings ging nur ins Optronica Lab.

Optronica 2007

Optronica 2007

Das Optronica Lab war ein Abend mit vier Acts, die alle eher auditiv statt visuell orientiert waren, und meine Aufmerksamkeit errang dieses Event eigentlich auch nur, weil dort der Reactable zu sehen und hören sein sollte. Sowas konnte ich mir einfach nicht entgehen lassen, die anderen Vorstellungen hingegen schon, weil das meiste primär aus der Clubszene abgeleitet war. Und da ich schon elektronischer Club-“Musik” die Berechtigung abstreite, als Musik bezeichnet zu werden, wäre die Kombination aus derselben plus psychedelische, bewegte Computergrafiken nun wahrhaft Grund zum Künstlermord – erst recht, wenn man sich sowas auf dem riesigen IMAX-Screen antun muss. Klangkunst hingegen in Kombination mit visuellen Effekten, also im Prinzip das gleiche ohne die pure Amusement-Komponente mit den daraus folgenden Strukturen und Ideen, finde ich äußerst interessant.

Der Abend im Kinosaal 1 des BFI (British Film Institute, ex NFT, National Film Theatre) begann mit Vitascope. Davon ist mir nicht viel in Erinnerung geblieben, außer, dass die monotonen Visuals nicht gar so spannend wirkten. Ultre & Flat-E waren da schon deutlich interessanter, weil sie mit äußerst seltsamen, selbstgemachten Instrumenten wirklich schräge Sounds und Klangcollagen erzeugten. Das wurde zwar schnell ein wenig undurchsichtig, war aber immerhin interessant zuzuschauen – nicht so sehr allerdings die Visuals, die doch sehr abstrakt waren und keine offensichtliche Verbindung zur Musik hatten.

Der Reactable, präsentiert von Marcos Alonso und Martin Kaltenbrunner war hingegen echt spannend: Ein blau leuchtender Tisch diente als Fläche für visuell kodierte Würfel, die auf die Tischfläche gelegt bestimmte Funktionen der hauptsächlich subtraktiven Klangsynthese aufriefen und je nach Position miteinander agierten, um so einen kompletten, vollflexiblen Synthesizer-Signalfluss optisch auf die Tischfläche und akustisch auf die Lautsprecher zu produzieren. Im wahrsten Sinne des Wortes Klangsyntese zum Anfassen und Zuschauen. Auch wenn die Performance gar nicht mal so kurz war, verging die Zeit superschnell.

Der Reactable wurde erschaffen von der Music Technology Group der Universitat Pompeu Fabra, und ich halte das Ding für eine revolutionäre Erfindung – eine Art taktile Tischversion von Max/MSP, und damit eine Innovation im Bereich HCI für Klangsynthese. Nicht ahnen konnte ich, dass so ein ReacTIVision-Tisch in Eigenbau noch nicht einmal zwei Jahre später an meinem Arbeitsplatz stehen sollte, freigegeben zur Verwendung für alle, die Interesse haben – leider nicht mit der Klangerzeugungs-Engine.

Der Abend endete mit Rechenzentrum aus Berlin. Deren Performance fing ja ganz gut an mit dem zweigeteilten Videoscreen, auch wenn das, was aus den Lautsprechern kam, nicht mein Ding war – dieser recht fantasielose Clubkram halt. Musikalisch waren die anderen drei Acts wesentlich interessanter und kreativer. Hier allerdings war es interessant, der Visualisierung zuzuschauen. Allerdings nur die erste Viertelstunde. Und der Act ging leider mehrere Viertelstunden. Clubmix ohne Pause. Das war dann doch zuviel für mich, daher bin ich früher gegangen.

Sehr witzig fand ich mal wieder das Publikum im bis auf den letzten Platz vollen Saal: Sehr viele junge, bärtige Typen, und Menschen, denen man schlichtweg ansah, dass sie in irgendeiner Weise mit Musik, Video oder Technik zu tun hatten. Hab mich sehr heimelig und wohl gefühlt in diesem kreativen Haufen!

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