Odysseus Remembers

Date February 3, 2006 | Map

Die BBC vergibt für viele ihrer Shows kostenlose Tickets über den BBC Audience Service. Neben TV-Shows sind auch Konzerte des BBC Symphony Orchestra darunter. Für den heutigen Abend hatte ich zwei Tickets für ein Maida Vale Studio Concert.

Die Maida Vale Studios waren ursprünglich eine Rollschuh-Bahn, bevor die BBC das Gebäude erwarb um daraus Studios zu machen. Das MV1-Studio kann ein 150-köpfiges Sinfonieorchester beherbergen und bietet auch noch Platz für Zuhörer – allerdings deutlich weniger als 150. Als Zuhörer kommt man so in den Genuss, direkt vor, ja fast im Orchester zu sitzen. Hörvergnügen fast von der Dirigentenposition aus.

Für das Vergnügen sorgten zwei Werke: Zunächst “Odysseus Remembers” von Malcolm Hayes, eine Weltpremiere, kommissioniert von BBC Radio 3, und Tschaikowskis erste Sinfonie in G-Moll, “Winterträume”.

Das erste Stück war recht typisch kontemporär und erinnerte leicht an Webern, hatte aber meines Erachtens mehr Dramatik zu bieten. Etwas über eine halbe Stunde lang konnte man Odysseus Hades-Erzählungen lauschen, mit dunklen Orchester-Passagen und fast schon lautmalerischen Darstellungen der Sirenen und einigen anderen Charakteren. Es erforderte Konzentration, und bei einmaligem Hören ist es fast unmöglich, alle Elemente der Musik mit der Geschichte zu verbinden (die man dafür auch recht gut kennen sollte…zum Glück gab es umfangreiche Kommentare und ausgedruckte Texte). Es war aber durchaus spannend; dem Komponisten gelang es, eine auch für ungeübte Ohren wahrnehmbare dramaturgische Entwicklung mit Höhepunkt etc. zu erzeugen, wie mir meine Begleiterin bestätige.

Sie fand den zweiten Teil, die Winterträume, allerdings deutlich besser und schien ziemlich beeindruckt. Zu Recht, denn das Orchester spielte sich sicher und mitreißend durch das 45-minütige Stück. Das ließ keinen Zuhörer unbeeindruckt, bis auf den dicken Herrn neben uns, der nicht nur zwei Stühle für sich beanspruchte, sondern zwischendurch auch noch hörbar einschlief (dumm bei einer Radioaufnahme) und zudem noch recht unangenehm roch. Vielleicht sollte die BBC ihren Ticketvergabe-Modus noch einmal überdenken.

Fazit: Ein tolles Studio, ein richtig gutes Orchester, ein interessantes Programm, das etwas für Hirn und Herz bot, und somit ein ganz tolles Konzert. Interessant auch, dass im kleinen Publikum ein Times-Kritiker saß, der über die Weltpremiere berichtete.

Der anschließende Ausflug ins The Bridge House bei Little Venice mit seiner ungewöhnlichen Bierauswahl und der hervorragenden Finger Food Platter rundete den Abend nicht nur ab, sondern brannte ihn auch in die Erinnerung ein.

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